20.6.24

"Die Unsitte, eigene Arbeiten zu zitieren"

"Der Autor zitiert sich selbst relativ am häufigsten. Ist das von vornherein schon ein fragwürdiges Verfahren, so wirkt es dort besonders peinlich, wo auch andere zu der angesprochenen Problematik das Wort nahmen. Es sei gestattet, aus gegebener Veranlassung ein Ausrufezeichen zu setzen, weil in der jüngeren Vergangenheit die Unsitte, eigene Arbeiten zu zitieren, mindestens im deutschsprachigen Raum zugenommen hat. Es gibt, wenn man es recht bedenkt, nur in den seltensten Fällen dafür einen Grund. Deshalb wäre es zu begrüßen und der wissenschaftlichen Debatte dienlicher, würde man davon wieder Abstand nehmen."

Aus einer Buchbesprechung in der Theologischen Literaturzeitung 109, 1984, Sp. 803-804

13.4.23

"Jüdisches Fleisch"?

In einem Text zur Predigtvorbereitung für Weihnachten habe ich gelesen: "Das Wort, das in Jesus Fleisch wird, wird jüdisches Fleisch ..." (vgl. Johannesevangelium 1,12).

Gibt es "jüdisches Fleisch"? Haben nicht alle Menschen (und Tiere?) das gleiche Fleisch?

6.4.23

Gedanken zu Psalm 127

Wenn nicht Gott das Haus baut,
dann mühen sich umsonst, die daran bauen.
Wenn nicht Gott die Stadt bewacht,
dann wacht der Wächter umsonst.
Umsonst steht ihr früh auf
und setzt euch spät hin
und esst, was ihr mühsam erworben habt.
Wenn Gott liebt, dem gibt er Schlaf.

Wir brauchen den Schlaf,
etwa ein drittel des Tages,
zur Erholung unseres Körpers
und unseres Geistes.
Wer zu wenig schläft, wird krank.

Im Schlaf sind wir verletzlich,
wehrlos wie ein kleines Kind.
Deshalb bauen wir uns Häuser
oder mieten uns Wohnungen,
in denen wir sicher schlafen können.
Deshalb hatten wir lange Zeit Nachtwächter,
die unsere Häuser bewachten,
wenn wir schliefen.
Wir sorgen vor,
damit wir ruhig schlafen können.

Doch manchmal rauben uns die Sorgen den Schlaf.
Nicht immer beschützen uns Häuser und Wächter mit Erfolg.
Erdbeben, Feuer, Einbrecher, Krieg,
so viel kann passieren.
Krankheit, Armut, Arbeitslosigkeit
können alle treffen
wie ein Blitz aus heiterem Himmel.

Wird Gott uns beschützen,
wenn wir wehrlos sind?
Wird Gott dafür sorgen,
dass unsere Vorsorgemassnahmen wirksam sind?
Wir hoffen es, aber wir wissen es nicht.

So viele Menschen sind arm und hungrig,
arbeitslos und obdachlos, krank und verzweifelt.
Hat Gott sie nicht beschützt?
Haben wir es verdient,
dass es uns besser geht?

Gott, lass uns ruhig schlafen.
Lass auch die Menschen ruhig schlafen,
die nicht wissen,
ob sie morgen etwas zu essen haben werden,
und einen Platz zum schlafen.
Lass sie und uns träumen
von einer besseren Welt,
in der alle Menschen genug zu essen haben
und einen Platz, wo sie ruhig schlafen können.
Erlöse uns von Kurzsichtigkeit und Egoismus,
dass wir nicht nur an unsere eigenen Häuser und Wohnungen denken
und an unsere eigene Sicherheit.

Wenn nicht Gott das Haus baut,
dann mühen sich umsonst, die daran bauen.
Wenn nicht Gott die Stadt bewacht,
dann wacht der Wächter umsonst.
Umsonst steht ihr früh auf
und setzt euch spät hin
und esst, was ihr mühsam erworben habt.
Wenn Gott liebt, dem gibt er Schlaf.

Amen.

12.6.22

opium des volkes

 religion ist das opium des volkes, sagt karl marx. (lenin sagt, sie ist opium für das volk.)

stell dir vor, du stirbst an krebs, unter starken schmerzen und grossen qualen. opium (bzw. morphium) hilft dir vielleicht, die schmerzen zu ertragen, einen rest deiner würde zu bewahren, wenn du stirbst.

stell dir vor, du bist zehn jahre alt und suchst nach wertstoffen auf einer müllhalde, barfuss, in schwaden von giftigen dämpfen. bist du der letzte dreck? oder ein ebenbild gottes? gibt es niemand, der für dich eintritt? oder hast du einen vater im himmel?

stell dir vor, du sitzt in einem panzer. man hat dich gezwungen, in den krieg zu ziehen. du hast menschen getöten. jetzt siehst du die rakete auf dich zufliegen, die dich und deine kameraden zerreissen wird ...

stell dir vor, dein mann schlägt dich, immer wieder, und dann tut es ihm leid, und du liebst ihn, und er schlägt wieder zu ...

wann ist opium nützlich, wann schadet es? wer hat das zu entscheiden? wer bringt leute dazu, dass sie opium brauchen? wer profitiert vom opiumhandel?

ist religion nur zur betäubung gut? oder kann sie auch träume vermitteln, visionen, ahnungen, die kraft geben zu widerstehen, aufzustehen, aufrecht zu gehen?

24.4.22

Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will (Albert Schweitzer)

Vielleicht eher: Ich bin ein Lebewesen, das leben will, inmitten von Lebewesen, die leben wollen?!

Wollen alle Lebewesen leben?
Manche Menschen sind lebensmüde oder lebenssatt.
Manche Menschen sind unter bestimmten Umständen bereit zu sterben.
Gibt es auch lebensmüde Tiere, Pflanzen oder Bakterien?

Ist der Tod der Feind des Lebens eines Lebewesens oder sein Ende?
Ist der Anfang des Lebens eines Lebewesens gut, sein Ende aber schlecht?

Können alle Lebewesen wollen bzw. nicht wollen?
Hat das Wollen aller Lebewesen das gleiche Gewicht?

Dürfen Menschen Lebewesen töten?
Wenn ja: welche Menschen, welche Lebewesen, unter welchen Umständen?

Kann ein Mensch beurteilen, was es für ein Pferd heisst, zu leben bzw. zu sterben?
Oder für einen Maulwurf, eine Schnecke, ein Gänseblümchen, ein Bakterium?
Kann ein Bakterium beurteilen, was es für einen Menschen heisst, zu leben oder zu sterben?

Gehört zum Leben nicht nur sein Anfang und sein Ende (der Tod), sondern auch das Töten?
Bin ich umgeben von Lebewesen, die auf meine Kosten leben wollen?
Bin ich Leben, das tötet, inmitten von Leben, das tötet?

Kann ich leben, ohne zu töten?

In der Hebräischen Bibel wird die Sehnsucht danach laut:

Wolf und Lamm werden einträchtig weiden,
und der Löwe wird Stroh fressen wie das Rind,

heisst es in Jesaja 65 (vgl. Jesaja 11 und Genesis 1).

Allerdings rechneten die Menschen damals die Pflanzen noch nicht zu den Lebewesen
und wussten noch nichts von Bakterien.


20.4.22

psalm 1














glücklich ist der mann,
der nicht dem rat der frevler folgt
und nicht auf den weg der sünder tritt
und nicht im kreis der spötter sitzt,
sondern seine freude hat an der unterweisung jahwes
(des schöpfers und bewegers)
und tag und nacht über seine unterweisung nachdenkt.

er ist wie ein baum,
der an wassergräben gepflanzt ist:
er bringt seine frucht zu ihrer zeit,
und seine blätter verwelken nicht.
alles, was er macht, gelingt ihm.
so sind die frevler nicht,
sie sind wie spreu,
die der wind verweht.

darum werden die frevler im gericht nicht bestehen,
und die sünder in der gemeinschaft der gerechten.
denn jahwe (der schöpfer und beweger) 
kennt den weg der gerechten,
aber der weg der frevler geht zugrunde.

(gilt das auch für frauen und nichtbinäre?)

woran soll ich mich orientieren?
auf wen soll ich hören?
mit wem mich beraten?

mit den guten oder mit den schlechten?
aber woher weiß ich,
wer gut ist und wer schlacht?

mit menschen oder mit gott,
dem schöpfer und beweger?
aber woher weiß ich, was gott denkt?

mit mir selbst?
aber wieso sollte ich besser bescheid wissen
als alle anderen
und erst recht als gott?

es ist sicher gut,
nicht immer auf die lauten zu hören,
die alles besser wissen,
die nichts und niemand ernst nehmen,
die alle verachten und verspotten,
die anders denken.

es ist sicher gut,
nicht nicht nur auf mich selbst zu hören,
sondern zu überlegen,
was ein gott mir raten würde,
ein schöpfer und beweger
der ganzen welt.

es ist sicher gut,
auch auf das zu achten,
was menschen früher gedacht haben
über gott und die welt und das leben.
wer sagt denn, 
dass wir heute alles besser wissen?

und der erfolg?
haben die recht,
denen alles gelingt?
die wachsen und gedeihen,
denen es gut geht?

machen die alles falsch,
die auf keinen grünen zweig kommen?
die in armut und elend leben
und sterben?
an die niemand denkt?
wie die spreu, die der wind verweht?

müssen gerechte auch leiden können?

bin ich wie ein baum?
will ich so sein?

ein baum braucht wasser
(und fruchtbaren boden
und licht).
was brauche ich zum leben?
worauf bin ich angewiesen?
was habe ich nicht in der hand?

ein baum bringt früchte,
die tiere und menschen ernähren
und am leben erhalten.
früchte, die samen enthalten
für neue bäume,
neues leben.
und ich?

ein baum kann nur die früchte tragen,
die ihm entsprechen.
ein ölbaum trägt keine feigen,
ein apfelbaum keine kirschen.
und ich?

können menschen sich ändern?

ein baum trägt nicht das ganze jahr früchte,
sondern nur, wenn es zeit dafür ist.
im winter wächst kein obst.
früchte brauchen zeit
zum wachsen und reifen.

können menschen immer produktiv sein?

bäume bewegen sich nicht von der stelle.
sie blühen, tragen früchte, werfen ihre blätter ab
und so weiter und so weiter,
jahraus jahrein,
jahr um jahr.
bin ich so?
will ich so sein?

übrigens:
auch bäume sterben
und verrotten,
vom borkenkäfer ganz zu schweigen.

werden die menschen für ihr verhalten zur rechenschaft gezogen?
wenn ja: wann? und von wem?
richten die gerechten über die frevler?
schließen sie sie aus ihrer gemeinschaft aus?

wäre es vielleicht auch einen versuch wert,
die frevler und sünder und spötter von ihrem weg abzubringen
und für die sache der gerechten zu gewinnen?

täte es den gerechten vielleicht gut,
sich der kritik von außen zu stellen?

gott weiß, wer wohin unterwegs ist
und wohin das führen wird?
wissen wir es auch?

ist es vielleicht besser, dass wir es nicht wissen?


14.4.22

Die ältesten Radspuren der Welt

 In Flintbek bei Kiel haben Archäologen die ältesten Radspuren der Menschheit gefunden.








Süddeutsche Zeitung, 14./15. April 2022, Seite 14

https://t.co/m85m1ryHs6

Auch Tiere haben Emotionen

Nicht nur Menschen, Schimpansen und Hunde haben Emotionen, sondern auch wirbellose Tiere wie Hummer, Oktopusse und sogar Bienen.












Süddeutsche Zeitung, 14./15. April 2022, Seite 13

24.3.22

Auch Tiere haben Kultur

https://www.nationalgeographic.de/tiere/2019/04/auch-tiere-haben-kultur

https://www.sueddeutsche.de/wissen/kultur-schimpansen-wale-fruchtfliegen-soziales-lernen-1.5260053

https://www.exlibris.ch/de/buecher-buch/deutschsprachige-buecher/carl-safina/die-kultur-der-wilden-tiere/id/9783406783265

Carl Safina, Die Kultur der wilden Tiere: Wie Wale Familien gründen, Papageien Schönsein lernen und Schimpansen Frieden schließen, München: C.H. Beck, 2022



Das kleine Paradies und die grosse Welt

Das Paradies ist relativ klein, verglichen mit der grossen, weiten Erde.

Nicht alle passen hinein - schon gar nicht alle, die schon tot oder noch nicht geboren sind.

Deshalb musste die Aufenthaltsdauer für die einzelnen Menschen begrenzt werden.

Wir bitten Sie deshalb, Ihren Platz für andere freizugeben, wenn Sie sich erholt haben.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.










Oase bei Timioun, Algerien (Chettouh Nabil)

https://de.wikipedia.org/wiki/Oase#/media/Datei:Gourara_Ksar_Tindjillet.jpg