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21.12.20

"Er stürzt die Mächtigen vom Thron!" Warten auf den Umsturz Gottes?

Lukas erzählt von Jesus' Geburt ...

Die Geschichten rund um die Geburt von Jesus in den ersten beiden Kapiteln des Lukasevangeliums sind wohl erst ein halbes Jahrhundert nach dem Tod von Jesus entstanden und mehr oder weniger frei erfunden. Trotzdem sind diese Geschichten interessant und lehrreich! Lassen wir uns einfach einmal auf sie ein, tauchen wir ein in die fremde und etwas seltsame Welt, die sie uns vor Augen stellen!

Ein revolutionäres Milieu ...

Es ist eine Welt, in der Engel Menschen erscheinen und ihnen Wunder ankündigen.

Da sind der Priester Zacharias und seine Frau Elisabeth, ein kinderloses altes Ehepaar. Elisabeth ist längst jenseits des gebärfähigen Alters. Eines Tages erscheint ein Engel erscheint dem Zacharias im Tempel beim Gottesdienst und spricht zu ihm: „Ihr werdet ein Kind bekommen. Es soll Johannes heissen (= Jahwe ist gnädig / hat Erbarmen). Er wird wirken im Geist und in der Kraft des Propheten Elija. Er wird dem Messias den Weg bereiten.“

Da ist Maria, verlobt, aber noch Jungfrau, wohl noch im Teenageralter. Zu ihr kommt eines Tages der Engel Gabriel und spricht zu ihr: „Du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären. Du sollst ihm den Namen Jesus geben (= Josua = Jahwe ist Rettung). Er wird gross sein und Sohn des Höchsten (Gottes) genannt werden. Gott, der Herr, wird ihm den Thron seines Vaters David geben. Er wird König sein über das Haus Jakob (= das Volk Israel) in Ewigkeit. Seine Herrschaft wird kein Ende haben.“

Maria vertraut darauf, dass diese Ankündigungen sich erfüllen werden. In ihrem Lobgesang spricht sie so, als hätten sie sich schon erfüllt: „Gott hat Gewaltiges vollbracht mit seinem Arm. Er hat zerstreut, die hochmütig sind in ihrem Herzen. Er hat Mächtige vom Thron gestürzt und Niedrige erhöht. Er hat Hungrige satt gemacht mit Gutem und Reiche leer ausgehen lassen. Er hat sich Israels angenommen, seines Dieners, wie er es unseren Vorfahren versprochen hat, Abraham und seinen Nachkommen in Ewigkeit.“

Als Jesus gerade geboren ist, in einem Stall in Bethlehem, verkündet ein Engel den Hirten, die in der Nähe bei ihren Schafen und Ziegen Nachtwache hielten: „Euch wurde heute der Retter geboren, der Gesalbte (griechisch: Christus, hebräisch: Messias), der Herr, in der Stadt Davids.“

Acht Tage später, als das Baby Jesus im Tempel in Jerusalem beschnitten wird, kommt ein alter Mann namens Simon hinzu, dem Gott versprochen hat: „Du wirst nicht sterben, bevor du den Messias gesehen hast.“ Simon nimmt den kleinen Jesus auf die Arme und sagt: „Nun lässt du deinen Diener gehen, Herr, in Frieden, wie du gesagt hast, denn meine Augen haben das Heil gesehen, das du vor den Augen aller Völker bereitet hast, ein Licht zur Erleuchtung der Heiden und zur Verherrlichung deines Volkes Israel.“

Schliesslich tritt auch noch eine ebenfalls hochbetagte Prophetin namens Hanna auf und preist Gott und spricht von ihm zu allen, die auf die Erlösung Jerusalems warteten.

Ein umstürzlerisches und revolutionäres Milieu ist es, in das Jesus da hinein geboren wird. Schliesslich steht Jerusalem und das ganze Heilige Land unter der Herrschaft der Römer und ihrer Vasallen wie z.B. Herodes Antipas in Galiläa und Peräa. In Jerusalem und Judäa ist Pontius Pilatus Statthalter der Römer. Nicht wenige Juden hoffen auf einen Umsturz oder mit versuchen sogar, mit terroristischen Anschlägen einen Umsturz herbeizuführen und die römische Besatzungsmacht aus ihrem Land zu vertreiben. Immer wieder treten Menschen als Messias auf - und werden in der Regel irgendwann aufgespürt und zusammen mit ihren Anhängern grausam hingerichtet, vorzugsweise gekreuzigt.

Ein Kind als Hoffnungsträger ...

Wie wächst ein Kind auf, dessen Umfeld davon überzeugt ist, es sei der Messias, es werde, wenn es gross ist, die Revolution Gottes durchführen, die Mächtigen vom Thron stürzen, die Hungrigen satt machen, die Römer vertreiben?

Bringt man ihm schon als Kind bei, mit Waffen umzugehen und Attentate zu verüben? Oder behält man seine Erwartungen für sich, um das Kind nicht zu gefährden?

Wie ist es für ein Kind, aufzuwachsen unter der Erwartung, es sei etwas ganz Besonderes, der Retter, der Erlöser, der künftige König Israels?

Hat Jesus als Erwachsener die Erwartungen und Hoffnungen seiner Mutter erfüllt? Lesen wir weiter im Lukasevangelium!

Enttäuschte Hoffnungen?

Jesus spricht zu den Menschen davon, dass die Herrschaft Gottes, das Reich Gottes „nahe gekommen“ ist. Aber wenn er das Reich Gottes mit Gleichnissen beschreibt, klingt es nicht nach einem politischen Umsturz und einer Vertreibung der Römer, sondern eher danach, dass Menschen wieder zueinander finden, dass Menschen lernen, miteinander auszukommen, dass sie lernen, was wirklich wichtig ist im Leben, und sich dafür einzusetzen.

Jesus heilt Menschen und treibt Dämonen aus. Und er sagt: „Wenn ich durch den Finger Gottes die Dämonen austreibe, dann ist das Reich Gottes bei euch angekommen.“

Als die Pharisäer ihn fragen: Wann kommt das Reich Gottes? antwortet er ihnen: „Das Reich Gottes kommt nicht so, dass man es beobachten könnte. Man wird auch nicht sagen können: Hier ist es! oder: Dort ist es! Denn seht, das Reich Gottes ist mitten unter euch.“

Wartet nicht auf einen Umsturz der Verhältnisse, wartet nicht darauf, dass Gott eine bessere Welt schafft. Lebt einfach so, wie ihr meint, dass das Leben in einer besseren Welt sein sollte. Ihr könnt mehr bewirken, als ihr meint. Vielleicht ist es sogar manchmal besser, wenn ihr gar nichts tut und einfach geschehen lasst, was Gott euch an Möglichkeiten zuspielt.

Sagt Jesus damit die Revolution ab, die seine Mutter so sehnsüchtig erwartet hat? Oder spricht er von einer noch radikaleren Revolution - einer Revolution, die nicht die Hungrigen satt macht und die Satten hungrig, sondern den Hunger abschafft - einer Revolution, die nicht die Mächtigen vom Thron stürzt und die Machtlosen auf den Thron setzt, sondern die Throne umstürzt - eine Revolution die nicht den Kolonialismus, die Herrschaft der mächtigen Völker über die schwachen beseitigt, sondern die Grenzen der Völker sprengt und alle Menschen zu Schwestern und Brüdern macht?

Am Ende hängt Jesus am Kreuz, wie ein Aufrührer oder Terrorist, hingerichtet von den Römern, der Besatzungsmacht. Über ihm hatten die Römer eine Inschrift angebracht, um ihn zu verspotten und zu demütigen: „Dies ist der König der Juden.“

Nach dem Johannesevangelium war Jesus‘ Mutter dabei, als er gekreuzigt wurde. Matthäus, Markus und Lukas erwähnen sie nicht.

Was dachte sie, falls sie die Hinrichtung ihres Sohnes miterlebt hat? Dass er ihre Erwartungen enttäuscht hat, dass er Israel nicht befreit hat von der Herrschaft der Römer und vom Hunger, dass er das Königreich seines Vorfahren David nicht wieder aufgerichtet hat?

Oder sah sie die Erwartungen und Hoffnungen, die sie als junge Frau hatte, jetzt in einem neuen Licht, sagte sie: die Revolution Gottes geschieht anders als ich es mir damals als junge Frau vorgestellt habe - nicht mit einem grossen Knall, sondern in vielen kleinen Schritten?

Ein Umsturz der anderen Art?

Am Anfang der Apostelgeschichte, der Fortsetzung seines Evangeliums, erzählt Lukas, dass Jesus nach seiner Auferstehung immer wieder seinen Aposteln erschienen ist und mit ihnen über das Reich Gottes gesprochen hat. Dabei haben ihn seine Jüngerinnen und Jünger gefragt: „Herr, wirst du noch in dieser Zeit deine Herrschaft wieder aufrichten für Israel?“ Jesus hat ihnen geantwortet: „Euch gebührt es nicht, Zeiten und Fristen zu erfahren, die der Vater in seiner Vollmacht festgesetzt hat. Aber ihr werdet Kraft empfangen, wenn der heilige Geist über euch kommt, und ihr werdet meine Zeugen sein, in Jerusalem, in ganz Judäa, in Samaria und bis ans Ende der Erde.“

Die politischen Hoffnungen der Jüngerinnen und Jünger auf ein messianisches Königreich in Israel haben sich bis heute nicht erfüllt. Aber von damals bis heute haben Menschen im Geist und in der Kraft Gottes Kranke gepflegt und manchmal auch geheilt, haben die Grenzen der Klassen, der Nationen, der Kulturen und Religionen übersprungen, haben Hunger und Durst gelindert, haben Nackte bekleidet, haben Gefangene besucht und befreit, haben sich eingesetzt für Recht und Gerechtigkeit, haben das Feuer der Liebe entzündet gegen die Dunkelheit, die Kälte, die Einsamkeit.

29.10.16

"Opfere deinen Sohn!"? (Genesis 22)

1 Nach diesen Geschichten versuchte Gott Abraham und sprach zu ihm: Abraham! Und er antwortete: Hier bin ich. 2 Und er sprach: Nimm Isaak, deinen einzigen Sohn, den du lieb hast, und geh hin in das Land Morija und opfere ihn dort zum Brandopfer auf einem Berge, den ich dir sagen werde.3 Da stand Abraham früh am Morgen auf und gürtete seinen Esel und nahm mit sich zwei Knechte und seinen Sohn Isaak und spaltete Holz zum Brandopfer, machte sich auf und ging hin an den Ort, von dem ihm Gott gesagt hatte...

Bildergebnis


Immanuel Kant:

"Dass es nicht Gott sein könne, dessen Stimme der Mensch zu hören glaubt, davon kann man sich wohl in einigen Fällen überzeugen; denn wenn das, was dem Menschen durch diese Stimme geboten wird, dem moralischen Gesetz zuwider ist, so mag die Erscheinung dem Menschen noch so majestätisch und die Natur überschreitend dünken; er muss sie doch für eine Täuschung halten."

"Abraham wollte auf göttlichen Befehl seinen einzigen Sohn abschlachten. (Das arme Kind trug unwissend noch das Holz hinzu.) Abraham hätte auf diese vermeintliche göttliche Stimme sagen müssen: Dass ich meinen guten Sohn nicht töten sollte, ist ganz gewiss; dass aber du, der du mir erscheinst, Gott seist, davon bin ich nicht überzeugt und kann es auch nicht werden, sogar wenn die Stimme vom sichtbaren Himmel herabschallen würde."


Woody Allen:

"And Abraham awoke in the middle of the night and said to his only son, Isaac, "I have had a dream where the voice of the Lord sayeth that I must sacrifice my only son, so put your pants on."

And Isaac trembled and said, "So what did you say? I mean when He brought this whole thing up?"

"What am I going to say?" Abraham said. "I'm standing there at two A.M. I'm in my underwear with the Creator of the Universe. Should I argue?"

"Well, did he say why he wants me sacrificed?" Isaac asked his father.

But Abraham said, "The faithful do not question. Now let's go because I have a heavy day tomorrow."

And Sarah who heard Abraham's plan grew vexed and said, "How doth thou know it was the Lord and not, say, thy friend who loveth practical jokes, for the Lord hateth practical jokes and whosoever shall pull one shall be delivered into the hands of his enemies whether they pay the delivery charge or not."

And Abraham answered, "Because I know it was the Lord. It was a deep, resonant voice, well modulated, and nobody in the desert can get a rumble in it like that."

And Sarah said, "And thou art willing to carry out this senseless act?" But Abraham told her, "Frankly yes, for to question the Lord's word is one of the worst things a person can do, particularly with the economy in the state it's in."

And so he took Isaac to a certain place and prepared to sacrifice him but at the last minute the Lord stayed Abraham's hand and said, "How could thou doest such a thing?"

And Abraham said, "But thou said ---"

"Never mind what I said," the Lord spake. "Doth thou listen to every crazy idea that comes thy way?" And Abraham grew ashamed. "Er - not really … no."

"I jokingly suggest thou sacrifice Isaac and thou immediately runs out to do it."

And Abraham fell to his knees, "See, I never know when you're kidding."

And the Lord thundered, "No sense of humor. I can't believe it."

"But doth this not prove I love thee, that I was willing to donate mine only son on thy whim?"

And the Lord said, "It proves that some men will follow any order no matter how asinine as long as it comes from a resonant, well-modulated voice."

And with that, the Lord bid Abraham get some rest and check with him tomorrow."


Gott (Jeremia 7,30f):

"Die Judäer haben getan, was mir missfällt, spricht der HERR. Sie haben ihre Gräuelbilder gesetzt in das Haus, das nach meinem Namen genannt ist, um es unrein zu machen, und haben die Höhen des Tofet im Tal Ben-Hinnom gebaut, um ihre Söhne und Töchter zu verbrennen, was ich nie geboten habe und mir nie in den Sinn gekommen ist."

19.6.16

Gottes Nähe spüren?

Ich weiss nicht, wie oft ich schon in einem Gottesdienst die Bitte an Gott gehört habe: "Lass uns deine Nähe spüren!"

Wie würde sich Gottes Nähe anfühlen?

Warum bitten wir Gott nicht gleich, sich für uns sichtbar zu machen? Oder laut und deutlich zu uns zu sprechen?

Weil wir wissen, dass diese Bitten nicht erhört werden? Und weil man beim Spüren leichter mogeln bzw. sich etwas vormachen kann?

Gott kann man nicht sehen.
Gott kann man nicht hören.
Gott kann man nicht spüren.
Gott kann man nicht riechen.
Gott kann man nicht schmecken.

Der Glaube an Gott, das Vertrauen auf ihn, sollte bessere Gründe haben als ein diffuses Spüren oder Nicht-Spüren. Sonst ist er auf Sand gebaut.

15.3.14

Jakobs Ringkampf mit Gott

In derselben Nacht stand er auf, nahm seine beiden Frauen, seine beiden Mägde sowie seine elf Söhne und durchschritt die Furt des Jabbok. Er nahm sie und ließ sie den Fluss überqueren. Dann schaffte er alles hinüber, was ihm sonst noch gehörte. 
Als nur noch er allein zurückgeblieben war, rang mit ihm ein Mann, bis die Morgenröte aufstieg. Als der Mann sah, dass er ihm nicht beikommen konnte, schlug er ihn aufs Hüftgelenk. Jakobs Hüftgelenk renkte sich aus, als er mit ihm rang. Der Mann sagte: Lass mich los; denn die Morgenröte ist aufgestiegen. Jakob aber entgegnete: Ich lasse dich nicht los, wenn du mich nicht segnest. Jener fragte: Wie heißt du? Jakob, antwortete er. Da sprach der Mann: Nicht mehr Jakob wird man dich nennen, sondern Israel (Gottesstreiter); denn mit Gott und Menschen hast du gestritten und hast gewonnen. Nun fragte Jakob: Nenne mir doch deinen Namen! Jener entgegnete: Was fragst du mich nach meinem Namen? Dann segnete er ihn dort. 
Jakob gab dem Ort den Namen Penuël (Gottesgesicht) und sagte: Ich habe Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen und bin doch mit dem Leben davongekommen. Die Sonne schien bereits auf ihn, als er durch Penuël zog; er hinkte an seiner Hüfte. 
Darum essen die Israeliten den Muskelstrang über dem Hüftgelenk nicht bis auf den heutigen Tag; denn er hat Jakob aufs Hüftgelenk, auf den Hüftmuskel geschlagen.
(Genesis 32,23-33 nach der Einheitsübersetzung)

20.8.13

Das Göttliche


Johann Wolfgang von Goethe

Edel sei der Mensch,
Hilfreich und gut!
Denn das allein
Unterscheidet ihn
Von allen Wesen,
Die wir kennen.

4.12.12

Gott und die Politik


 

Darf Gott sich in die Politik einmischen? Der Papst meint: „Ja!“ Die Zeit sagt: „Nein!“ (Nr. 49 vom 29. November 2012) Schon vor zweieinhalbtausend Jahren war diese Frage umstritten. Damals wie heute ging es nicht nur darum, ob Gott sich einmischen darf, sondern auch (und vor allem) darum, welche Ansichten er vertreten darf. Interessanterweise scheint der Konflikt damals nicht einer zwischen „Kirche“ und „Staat“ gewesen zu sein. Vielmehr verliefen die Fronten quer durch „Kirche“ und „Staat“.

30.9.12

Wahre Demut

Und Gott sprach: Es sollen Lichter werden an der Feste des Himmels, Tag und Nacht zu scheiden, und sie sollen als Zeichen dienen und zur Bestimmung von Zeiten, Tagen und Jahren, und sie seien Lichter an der Feste des Himmels, dass sie auf die Erde leuchten! Und es geschah also. Gott machte die zwei groβen Lichter: das gröβere Licht, dass es den Tag beherrsche, und das kleinere Licht, dass es die Nacht beherrsche, dazu auch die Sterne. Und Gott setzte sie an die Feste des Himmels, dass sie auf die Erde leuchten und Tag und Nacht beherrschen und Licht und Finsternis scheiden... (Genesis 1,14-18)

Im Talmud (bChullin 60b) wird (von Rabbi Schim'on ben Pazi) auf den (scheinbaren) Widerspruch hingewiesen, dass es zuerst heiβt: Gott machte die zwei groβen Lichter, und dann: das groβe Licht ... und das kleine Licht. (Im Hebräischen steht dasselbe Wort für groβ und für gröβer (bzw. für klein und für kleiner.) Dieser Widerspruch wird durch die folgende kleine Erzählung erklärt: Der Mond - der, wie hier stillschweigend vorausgesetzt wird, zunächst gleich groβ wie die Sonne geschaffen worden war - sprach vor dem Heiligen, gepriesen sei er: Herr der Welt, ist es denn angängig, dass zwei Könige sich einer Krone bedienen? Der Mond bezweifelt also, dass es möglich ist, dass zwei Gestirne, die Sonne und er selbst, gemeinsam die Herrschaft ausüben. Daraufhin wird er von Gott bestraft, indem er verkleinert und so der Sonne nachgestellt und untergeordnet wird: Er erwiderte ihm: Geh und vermindere dich! 

19.8.12

Größe und Bescheidenheit Gottes

Rabbi Jochanan sagte: Überall, wo du die Größe des Heiligen, gepriesen sei er, findest, findest Du auch seine Bescheidenheit. Dies ist in der Thora geschrieben, in den Propheten wiederholt und in den Schriften ein drittes Mal bezeugt. Es ist in der Thora geschrieben: Fürwahr, Jahwe, euer Gott, ist der Gott der Götter und der Herr der Herren, der große, starke und furchtbare Gott, der niemanden bevorzugt und sich nicht bestechen lässt. [Deuteronomium 10,17] Danach ist geschrieben: Er verschafft der Waise und der Witwe Recht und er liebt den Fremden, so dass er ihm Nahrung und Kleidung gibt. [Deuteronomium 10,18] Es wird wiederholt in den Propheten, wo geschrieben ist: Fürwahr, so hat gesprochen der Hohe und Erhabene; er thront auf ewig, und sein Name ist heilig: Ich throne hoch und erhaben, und ich bin bei dem, der verzweifelt und zerknirscht ist, um den Geist der Zerknirschten zu beleben und um das Herz der Verzweifelten zu beleben. [Jesaja 57,15] Ein drittes Mal ist es in den Schriften bezeugt, wo geschrieben ist: Singt für Gott, besingt seinen Namen, erhebt ihn, der durch die Wüsten fährt, mit seinem Namen Jah, jubelt vor ihm! [Psalm 68,5] Danach ist geschrieben: Vater der Waisen und Richter der Witwen ist Gott in seiner heiligen Wohnung. [Psalm 68,6] (Babylonischer Talmud, Megilla 31a)

5.6.12

Gott als Großer Bruder?



"Big Brother is watching you! Der Große Bruder sieht dich!" Dieser Satz verkörpert in George Orwells Roman 1984 den Anspruch eines totalen Überwachungsstaates, der dem einzelnen Menschen keierlei Platz für Privates oder Intimes lässt. "Gott sieht alles!" Mit diesem Satz sollten und sollen bisweilen Kinder davon abgehalten werden, heimlich Dinge zu tun, die sie nach Auffassung ihrer Erzieher nicht tun sollen. Sieht Gott alles? Und wenn ja: Was bedeutet das für das Leben der Menschen? 

29.5.12

"Lobe den Herren, der alles so herrlich regieret!"?


Gott sei uns gnädig und segne uns,
er lasse uns sein Antlitz leuchten,
dass man auf Erden erkenne seinen Weg,
unter allen Heiden sein Heil.
Es danken dir, Gott, die Völker,
es danken dir alle Völker.
Die Völker freuen sich und jauchzen,
dass du die Menschen recht richtest
und regierst die Völker auf Erden.
Es danken dir, Gott, die Völker,
es danken dir alle Völker.
Das Land gibt sein Gewächs;
es segne uns Gott, unser Gott!
Es segne uns Gott,
und alle Welt fürchte ihn.
(Psalm 67 nach der Lutherbibel 1984)

8.5.12

Ein Gott, über dem nichts Größeres gedacht werden kann




Anselm von Canterbury (ca. 1033-1109) hat in seinem lateinisch geschriebenen Werk "Proslogion" (Anrede) einen sogenannten "ontologischen Gottesbeweis" vorgelegt. Anselm meint, dass man gar nicht denken kann, dass es Gott nicht gibt, ohne in einen Selbstwiderspruch zu geraten - zumindest wenn es um den christlichen Gott geht (aber dasselbe würde wohl auch für den jüdischen oder den muslimischen Gott gelten). Christen glauben nämlich - so Anselm - dass Gott etwas ist, über dem nichts Größeres gedacht werden kann ("credimus te esse aliquid quo nihil maius cogitari possit"). Ein Gott, der existiert, ist nun aber nach Anselms Ansicht auf jeden Fall größer als ein Gott, der nicht existiert. Demnach wäre ein nicht-existierender Gott gar nicht wirklich Gott, weil man ja über ihm etwas Größeres denken kann, nämlich einen existierenden Gott. Also kann man, wenn man nicht in einen Selbstwiderspruch geraten will, Gott nur als existierend denken. Also muss Gott existieren.

4.5.12

Gott und die Synapsen

In einem Interview in der "Zeit" vom 3.5.2012 sagt die Physikerin Lisa Randall:

Solange Religion Privatsache ist, etwas Persönliches, kommt sie nicht mit der Wissenschaft in Konflikt. Wenn sie aber behauptet, dass Gott oder eine übernatürliche Kraft in die Welt eingreift, dann fordert sie die Wissenschaft heraus, weil die Wissenschaft sagt, dass alles in der Welt nach dem Prinzip von Ursache und Wirkung geschieht. Wenn jemand behauptet, er habe diese oder jene Entscheidung getroffen, weil Gott ihn geleitet habe - dann riskiert er meinen Widerspruch. Denn ich sage, dass jede Wirkung eine Ursache haben muss und allem eine physikalische Struktur zugrunde liegt. Wenn etwa keine Synapsen in unserem Gehirn feuern würden, dann könnten wir keine moralischen Entscheidungen treffen. Wer wirklich glaubt, dass Gott bei diesen Entscheidungen mitspielt, muss erklären, wie Gott das Feuern der Synapsen beeinflusst.

Darauf entgegnen die Interviewer (Tobias Hürter und Max Rauner):

Die Vorstellung, dass Gott aktiv in den Weltenlauf eingreift, haben die Europäer doch schon im 18. Jahrhundert aufgegeben. Seither gilt eine Arbeitsteilung: Die Religion sagt, was gut und böse ist. Die Wissenschaft untersucht, wie die Welt funktioniert.

20.2.12

Hilf dir selbst, weil Gott dir hilft!

Schaffet, dass ihr selig werdet,
mit Furcht und Zittern!

Denn Gott ist's, der in euch wirkt beides, 
das Wollen und das Vollbringen, 
nach seinem Wohlgefallen.

So hat Paulus an die christliche Gemeinde in Philippi geschrieben (Philipper 2,12f. in der Übersetzung der Lutherbibel von 1984). Die Sätze erscheinen paradox, denn sie fordern die Philipper dazu auf, etwas zu tun, von dem sie zugleich feststellen, dass Gott es bewirkt.

10.2.12

Einen Gott, den es gibt, gibt es nicht


Dieser Satz von Dietrich Bonhoeffer wird häufig zitiert. Was bedeutet er? Und stimmt er überhaupt?

Wenn es keinen Gott gibt, den es gibt, scheint das nichts anderes zu besagen, als dass es keinen Gott gibt. Denn einen Gott, den es gibt, gibt es nicht, und einen Gott, den es nicht gibt, gibt es ja wohl auch nicht. Sagt Dietrich Bonhoeffer also – ein wenig verklausuliert – nichts anderes als: Es gibt keinen Gott?

Oder will Dietrich Bonhoeffer gerade diese paradoxe Überlegung bei seinen Lesern (und Leserinnen) wachrufen: Einen Gott, den es gibt, gibt es nicht. Aber einen Gott, den es nicht gibt, gibt es vielleicht doch – ja, wenn es überhaupt einen Gott gibt, dann müsste das vielleicht genau so ein Gott sein, den es nicht gibt. Also nicht: Es gibt keinen Gott, sondern: Gott gibt es nicht. – Aber ist diese Überlegung nicht einfach nur sinnlos? Läuft sie nicht letztlich ebenfalls darauf hinaus, dass es keinen Gott gibt?