Ich habe keine Wurzeln. Ich bin keine Pflanze.
Das Gerede von den "Wurzeln", die Menschen angeblich haben, finde ich ziemlich irreführend.
Ich habe einmal irgendwo gelebt, wo ich schon lange nicht mehr gewesen bin. Jetzt ist es dort wahrscheinlich ganz anders als es damals war.
Das Leben dort hat vielleicht Spuren hinterlassen bei mir, oder auch Wunden und Narben. Ich rede vielleicht immer noch so ähnlich, wie man damals dort geredet hat. In meinem Unbewussten wirkt vielleicht nach, was man mir damals dort beigebracht, eingebläut oder eingeredet hat, wogegen ich vielleicht mein Leben lang angekämpft habe. Sind das Wurzeln? Zehre ich davon?
Wenn Menschen "Wurzeln" haben sollten, dann sollten sie auch das Recht haben, sie aus dem Boden zu reissen und woanders wieder einzupflanzen (oder sie in einen Topf zu pflanzen, den man leicht von einem Ort zum anderen bewegen kann).
Ausser Wurzeln brauchen Pflanzen übrigens auch noch Licht und Luft, Regen und Nährstoffe ...
Wo von "Wurzeln" die Rede ist, sind "Blut und Boden" manchmal nicht weit entfernt:
Wenn ich schon Wurzeln haben soll, dann sind sie da, wo ich bin, nicht da, wo ich einmal gewesen bin.
Aber vielleicht sagen sie ja, meine Wurzeln seien woanders, weil sie mich hier nicht haben wollen?