Rabbi Jehuda ben Samuel ha-Chassid (Juda der Fromme, lebte um 1200 in Regensburg) schreibt in seinem „Buch der Frommen“ (Sefer ha-Cassidim):
(Auch) im gelehrten Gespräche der Thoraforschung rede man wenig, aber desto reicher sei der Inhalt der Worte, wie unsere Weisen sagen: „Stets befleissige man sich einer kurzen Lehrweise!“ (Pesachim 3b) Aber viel Worte machen mit wenig Inhalt, das ist Torheit, denn so heisst es: „Die Stimme des Toren macht viele Worte.“ (Kohelet 5,2) „Eine Schutzmauer für die Weisheit ist das Schweigen“ (Pirke Aboth 3,17); darum übereile man sich nicht mit seiner Antwort und spreche nicht zuviel und belehre seine Schüler mit Sanftmut und Ruhe und schreie nicht mit ihnen und langweile sie nicht durch weitschweifige Belehrung, denn „die Worte der Weisen werden gehört, wenn sie in Ruhe gesprochen werden.“ (Kohelet 9,16)
Zitiert nach: A. Sulzbach, Bilder aus der jüdischen Vergangenheit, Frankfurt am Main: Verlag von J. Kauffmann, 1914
24.6.12
Bescheidenheit
Rabbi Jehuda ben Samuel ha-Chassid (Juda der Fromme, lebte um 1200 in Regensburg) schreibt in seinem „Buch der Frommen“ (Sefer ha-Cassidim):
§15. BESCHEIDENHEIT. Suche Würde und Ehre zu meiden. Wie ist das zu verstehen? Sitzt einer vor seinem Lehrer, und es fällt ihm eine scharfsinnige Frage, die er früher einmal gestellt oder eine treffende Antwort ein, durch die er einmal eine schwierige Frage gelöst hat, so sage er nicht zu seinem Lehrer oder Mithörer: „Ich habe einmal dieses gefragt, ich habe einmal dieses geantwortet,“ sondern er schiebe diese Frage oder Antwort seinem Kollegen oder Lehrer zu, überlasse diesem die Ehre und nehme sie nicht für sich in Anspruch und versage sich den inneren Genuss an einer etwaigen Ehrung oder Belobigung, damit er nicht eitel und eingebildet werde. So finden wir auch, dass Moses zu Josua gesagt hat: „Erwähle uns Männer“, (2. Buch Mose 17,9. Vgl. Midrasch Jalkut z. St.) was auch R. Gamaliel veranlasste, die Festsetzung des Neumonds, die ihm allein zustand, auch als im Namen seiner Kollegen vollzogen zu erklären. So hat auch Gott zu Jesaias (6,8) gesprochen: „Wen soll ich schicken, und wer wird für uns gehen?“
§15. BESCHEIDENHEIT. Suche Würde und Ehre zu meiden. Wie ist das zu verstehen? Sitzt einer vor seinem Lehrer, und es fällt ihm eine scharfsinnige Frage, die er früher einmal gestellt oder eine treffende Antwort ein, durch die er einmal eine schwierige Frage gelöst hat, so sage er nicht zu seinem Lehrer oder Mithörer: „Ich habe einmal dieses gefragt, ich habe einmal dieses geantwortet,“ sondern er schiebe diese Frage oder Antwort seinem Kollegen oder Lehrer zu, überlasse diesem die Ehre und nehme sie nicht für sich in Anspruch und versage sich den inneren Genuss an einer etwaigen Ehrung oder Belobigung, damit er nicht eitel und eingebildet werde. So finden wir auch, dass Moses zu Josua gesagt hat: „Erwähle uns Männer“, (2. Buch Mose 17,9. Vgl. Midrasch Jalkut z. St.) was auch R. Gamaliel veranlasste, die Festsetzung des Neumonds, die ihm allein zustand, auch als im Namen seiner Kollegen vollzogen zu erklären. So hat auch Gott zu Jesaias (6,8) gesprochen: „Wen soll ich schicken, und wer wird für uns gehen?“
5.6.12
Gott als Großer Bruder?
"Big Brother is watching you! Der Große Bruder sieht
dich!" Dieser Satz verkörpert in George Orwells Roman 1984 den Anspruch
eines totalen Überwachungsstaates, der dem einzelnen Menschen keierlei Platz
für Privates oder Intimes lässt. "Gott sieht alles!" Mit diesem Satz
sollten und sollen bisweilen Kinder davon abgehalten werden, heimlich Dinge zu
tun, die sie nach Auffassung ihrer Erzieher nicht tun sollen. Sieht Gott alles?
Und wenn ja: Was bedeutet das für das Leben der Menschen?
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