25.8.12

Auferstehungsglaube

Helmut Fischer, Der Auferstehungsglaube: Herkunft, Ausdrucksformen, Lebenswirklichkeit, Zürich: Theologischer Verlag, 2012



Inhaltsangabe des Verlags:

Die Auferstehung gilt als der Kerninhalt des Christentums. Aber was ist damit gemeint? Die jüdische Auferstehungsvorstellung ist in der jungen Christenheit zu einem zentralen Ausdrucksmittel ihrer Botschaft geworden. Die leibliche Auferstehung wurde dann im Lauf der Kirchengeschichte durch die hellenistische Vorstellung einer unsterblichen Seele ergänzt und ersetzt. In der Neuzeit haben jedoch alle Auferstehungsvorstellungen ihre einstige Plausibilität verloren.

Konsequent orientiert an den biblischen Texten arbeitet Helmut Fischer heraus, dass uns gerade dieser Plausibilitätsverlust den Blick für jene menschliche Lebenswirklichkeit freigemacht hat, für die in der traditionellen Sprache der Kirche das Wort «Auferstehung» stand und für die es in einer säkularisierten Welt in einem verbindlicheren Sinn weiterhin stehen kann.

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Ein kleines, aber gehaltvolles Buch. Unaufgeregt-sachlich zeigt Helmut Fischer, wie der Glaube an die Auferstehung Jesu in neutestamentlicher Zeit allmählich entstanden ist, und welches Weltverständnis dabei im Hintergrund stand.

Die ältesten "Auferstehungs"-Zeugen berichten, dass sie Jesus (in Visionen oder Träumen) bei Gott im Himmel "gesehen" haben. Sie schliessen daraus, dass Jesus auferstanden sein muss, wobei sie mit "auferstanden" meinen, dass Jesus nach seinem Tod in eine neue Existenzweise übergegangen ist.

Die Erzählungen von der Auferstehung und Himmelfahrt Jesu sind erst später entstanden. Ihre Verfasser waren keine Augenzeugen und hatten keine anderen Quellen als die visionären Zeugnisse (und das apokalyptische Weltverständnis, das sie mit den alten Zeugen teilten). Sie waren offensichtlich von dem überzeugt, was sie erzählten, auch wenn sie es nicht aus eigener Anschauung wussten.

Wir haben heute ein anderes Weltverständnis, in dem es schwierig, wenn nicht unmöglich geworden ist, so wie die neutestamentlichen Autoren von der Auferstehung Jesu zu sprechen und auf eine Auferstehung der Toten zu hoffen.

Aber damit ist der christliche Glaube und auch der Gedanke der Auferstehung nicht einfach hinfällig geworden, sondern beide müssen und können auf neue Weise verstanden werden. Ansätze für dieses neue Verständnis lassen sich schon im Neuen Testament selbst finden - ja, vielleicht kann man sogar sagen, dass wir heute die Auferstehung Jesu "besser" verstehen können als die Verfasser des Neuen Testaments.

Deshalb begnügt sich Fischer nicht mit der Kritik der neutestamentlichen Zeugnisse, sondern stellt auch "Erwägungen zu einem heute angemessenen Reden von Auferstehung" an, die sehr interessant und lesenswert sind. Er schreibt hier z.B.:

"... die Metapher von der Auferstehung Jesu als Bekenntnis [drückt] die Erfahrung von Menschen aus, dass er nicht im Tod geblieben ist, sondern dass sein Geist als Impuls der Liebe als unsere Lebensmöglichkeit gegenwärtig ist ... In diesem Verständnis der Ostertexte will uns die Auferstehungsbotschaft nichts über die Person Jesu sagen. Sie zeigt uns vielmehr für unser Leben eine neue Dimension, Mensch zu sein, nämlich nicht mehr den Zwängen unserer Natur folgen zu müssen, sondern aus der Kraft der göttlichen Liebe handeln zu können und von den destruktiven und selbstsüchtigen Neigungen für eine Gemeinschaft der Gleichwertigen frei zu werden. Der Auferstehungsglaube bedeutet in der Sache, sich auf diese in Jesus offenbar gewordene Lebensmöglichkeit einzulassen." (Seite 104)

Das alles ist nicht neu. In den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts hat der Neutestamentler Willi Marxsen dieselben Einsichten bereits ähnlich formuliert: Auferstehung heisst letztlich und wesentlich, dass "die Sache Jesu weitergeht."

Wenn man aber sieht, wie sich die evangelischen Kirchen (von den katholischen und orthodoxen ganz zu schweigen) immer mehr auf erzkonservative, ja kaum kaschierte fundamentalistische Positionen zurückziehen - man lese nur etwa die Ausführungen zum Thema Auferstehung von Ex-Bischof Wolfgang Huber in seinem Erbauungs-Buch "Der christliche Glaube: eine evangelische Orientierung" - muss man dankbar sein, dass kompetente Theologen wie Helmut Fischer allgemein verständlich, aber mit intellektuellem Niveau für einen aufgeklärten und zeitgemässen christlichen Glauben eintreten.