zerstreut meine asche
im sternbild des löwen
als dunkle materie
zwischen den sternen
damit ihr licht
heller strahlt
8.12.13
vogelfrei
frei wie der vogel
auf dem weg in die falle
frei wie der fisch
auf dem weg ins netz
frei wie das reh
im visier des jägers
frei geht der mensch
seinem schicksal entgegen
Hugo Lederer, Das Schicksal, 1905
auf dem weg in die falle
frei wie der fisch
auf dem weg ins netz
frei wie das reh
im visier des jägers
frei geht der mensch
seinem schicksal entgegen
Hugo Lederer, Das Schicksal, 1905
16.9.13
organe spenden
organe spenden
sich aufschneiden lassen
vom kinn bis zur scham
bei lebendigem leib
das herz schlägt
die lunge atmet
die gliedmaßen zucken
verkrampfen sich
das blut pulsiert
vermischt sich mit anderen flüssigkeiten
läuft aus dem körper
das herz soll möglichst lange schlagen
24.8.13
20.8.13
Großes und Kleines
Das Wehen der Luft, das Rieseln des Wassers, das Wachsen der
Getreide, das Wogen des Meeres, das Grünen der Erde, das Glänzen des
Himmels, das Schimmern der Gestirne halte ich für groß: das prächtig
einherziehende Gewitter, den Blitz, welcher Häuser spaltet, den Sturm,
der die Brandung treibt, den feuerspeienden Berg, das Erdbeben, welches
Länder verschüttet, halte ich nicht für größer als obige Erscheinungen,
ja ich halte sie für kleiner, weil sie nur Wirkungen viel höherer
Gesetze sind. Sie kommen auf einzelnen Stellen vor und sind die
Ergebnisse einseitiger Ursachen. Die Kraft, welche die Milch im Töpfchen
der armen Frau emporschwellen und übergehen macht, ist es auch, die die
Lava in dem feuerspeienden Berge emportreibt und auf den Flächen der
Berge hinabgleiten läßt. Nur augenfälliger sind diese Erscheinungen und
reißen den Blick des Unkundigen und Unaufmerksamen mehr an sich, während
der Geisteszug des Forschers vorzüglich auf das Ganze und Allgemeine
geht und nur in ihm allein Großartigkeit zu erkennen vermag, weil es
allein das Welterhaltende ist. Die Einzelheiten gehen vorüber, und ihre
Wirkungen sind nach kurzem kaum noch erkennbar.
Das Göttliche
Johann Wolfgang von Goethe
Edel sei der Mensch,
Hilfreich und gut!
Denn das allein
Unterscheidet ihn
Von allen Wesen,
Die wir kennen.
1.8.13
Transhumanismus
So genannte Transhumanisten sind der Meinung, die Menschen sollten sich auch durch den Einsatz technischer Mittel weiter entwickeln. So könnten Menschen mit medizinischen, biologischen, mechanischen oder elektronischen Mitteln ihren Körper aber auch ihre geistig-seelischen Fähigkeiten verbessern. Diese Ansicht wirft eine Reihe von interessanten Fragen auf.
25.6.13
Glauben als Vertrauen oder Für-Wahr-Halten
Wenn wir heute jemanden fragen: “Glaubst du an Gott?” meinen wir damit gewöhnlich: “Glaubst du, dass es einen Gott gibt?” Dass es einen Gott (oder mehrere Götter) gibt, war in der Antike (zur Zeit, als das Neue Testament geschrieben wurde) weithin selbstverständlich. Die Frage war, wie der Gott (bzw. die Götter) sich zur Welt und den Menschen verhalten.
24.3.13
das ist mein leib / das ist mein blut
während der mahlzeit nahm jesus brot, dankte gott dafür, brach es in stücke und gab es seinen jüngern mit den worten: nehmt, das ist mein leib! dann nahm er den becher, sprach das dankgebet und gab ihnen auch den, und alle tranken daraus. dabei sagte er ihnen: das ist mein blut, das für alle menschen vergossen wird. gott besiegelt mit ihm seinen bund. ich sage euch: ich werde von jetzt an keinen wein mehr trinken, bis ich ihn neu trinken werde, wenn gott sein werk vollendet hat.
26.1.13
Ein Ehrenplatz im Jenseits?
Als einige seiner Jünger Jesus darum baten, am Tisch auf den Ehrenplätzen neben ihm sitzen zu dürfen, antwortete er ihnen:
Die Herrscher der Völker, ihre Großen, unterdrücken ihre Leute und lassen sie ihre Macht spüren. Bei euch muss es anders sein! Wer von euch groß sein will, soll euer Diener sein, und wer der Erste sein will, soll allen anderen Sklavendienste leisten. (Markus 10,42-22)
Wie oft, konfrontiert Jesus seine Jünger mit einer paradoxen Forderung. Er sagt nicht: Ihr sollt nicht größer und besser sein wollen als die anderen. Er akzeptiert, dass einige (anscheinend keineswegs alle!) den Wunsch haben, besser zu sein als die anderen. Aber er ändert den Maßstab und damit das Ziel und die Gestalt des Wettbewerbs. Groß ist nicht, wer anderen seinen (oder ihren) Willen aufzwingen kann und sie von sich abhängig macht. Groß ist, wer merkt, wo andere ihn (oder sie) brauchen, wie er ihnen helfen kann - und das dann auch tut. Der Spitzenplatz ist nicht "ganz oben", sondern "ganz unten", nicht direkt neben Jesus, sondern bei denen, die ganz weit weg von ihm sind.
Die Herrscher der Völker, ihre Großen, unterdrücken ihre Leute und lassen sie ihre Macht spüren. Bei euch muss es anders sein! Wer von euch groß sein will, soll euer Diener sein, und wer der Erste sein will, soll allen anderen Sklavendienste leisten. (Markus 10,42-22)
Wie oft, konfrontiert Jesus seine Jünger mit einer paradoxen Forderung. Er sagt nicht: Ihr sollt nicht größer und besser sein wollen als die anderen. Er akzeptiert, dass einige (anscheinend keineswegs alle!) den Wunsch haben, besser zu sein als die anderen. Aber er ändert den Maßstab und damit das Ziel und die Gestalt des Wettbewerbs. Groß ist nicht, wer anderen seinen (oder ihren) Willen aufzwingen kann und sie von sich abhängig macht. Groß ist, wer merkt, wo andere ihn (oder sie) brauchen, wie er ihnen helfen kann - und das dann auch tut. Der Spitzenplatz ist nicht "ganz oben", sondern "ganz unten", nicht direkt neben Jesus, sondern bei denen, die ganz weit weg von ihm sind.
6.1.13
Die Auferstehung Jesu als Bestätigung seines Wegs ans Kreuz
Für die (alle?) ersten Christen scheint die Überzeugung, dass Jesus von den Toten auferweckt worden ist, ein wichtiger Grund dafür gewesen zu sein, dass sie seinen Tod am Kreuz nicht als Scheitern seines Lebens und Widerlegung seiner Botschaft verstehen mussten. Indem Gott Jesus von den Toten auferweckt hat, hat er ihn bestätigt und ihm Recht gegeben gegenüber denen, die ihn umgebracht haben. (Ein anderer Grund dafür, die Kreuzigung Jesu nicht als sein Scheitern sehen zu müssen, war die Überzeugung, dass sein Leiden und sein Tod bereits im Alten Testament vorhergesagt worden waren.) Die Überzeugung, dass Gott Jesus von den Toten auferweckt und ihm damit Recht gegeben hat, motivierte die ersten Christen dazu, der Lehre und dem Vorbild Jesu zu folgen und sich seine Anliegen zu eigen zu machen.
In diesem Glauben haben sie die Welt verändert und in ihr Keime der Hoffnung auf eine bessere Welt gepflanzt, getrieben von einer Unruhe, die nicht bereit ist, sich mit Unrecht und Leid abzufinden. Darin erweist sich nun nochmals auf eine neue Weise, dass Jesus nicht gescheitert ist - oder besser: es zeigt sich, dass es Grund zu der Hoffnung gibt, dass er am Kreuz nicht gescheitert ist. Der Auferstehung (und der Vorhersage der Leiden Jesu durch die Heiligen Schriften) bedarf es nun nicht mehr - oder sie kann neu verstanden werden: Jesus lebt in der Bewegung weiter, die er angestossen und für die er sein Leben hingegeben hat.
Damit wird dann auch besser verständlich, dass das Kreuz durch die Auferstehung nicht rückgängig gemacht wird, sondern aufgehoben in einem dreifachen Sinn:
In diesem Glauben haben sie die Welt verändert und in ihr Keime der Hoffnung auf eine bessere Welt gepflanzt, getrieben von einer Unruhe, die nicht bereit ist, sich mit Unrecht und Leid abzufinden. Darin erweist sich nun nochmals auf eine neue Weise, dass Jesus nicht gescheitert ist - oder besser: es zeigt sich, dass es Grund zu der Hoffnung gibt, dass er am Kreuz nicht gescheitert ist. Der Auferstehung (und der Vorhersage der Leiden Jesu durch die Heiligen Schriften) bedarf es nun nicht mehr - oder sie kann neu verstanden werden: Jesus lebt in der Bewegung weiter, die er angestossen und für die er sein Leben hingegeben hat.
Damit wird dann auch besser verständlich, dass das Kreuz durch die Auferstehung nicht rückgängig gemacht wird, sondern aufgehoben in einem dreifachen Sinn:
- Als Zeichen des Scheiterns Jesu und als Sieg der Gewalt über die Liebe wird es ausser Kraft gesetzt und für ungültig erklärt.
- Als Ziel und Vollendung des Weges Jesu wird es bewahrt und bestätigt: Es war richtig und konsequent, dass Jesus unter den gegebenen Umständen diesen Weg gegangen ist.
- Als Anfang einer neuen Bewegung wird das Kreuz durch die Auferstehung auf eine höhere Ebene gehoben - oder: die Auferstehung besteht gerade darin, dass das Kreuz Jesus nicht ausgeschaltet und sein Anliegen nicht zunichte gemacht hat, sondern zum Anstoss und Anlass dafür geworden ist, dass andere seine Sache weiter getragen haben und seinen Weg weiter gegangen sind.
Jesus nachzufolgen, heisst nicht, das Kreuz hinter sich haben oder hinter sich bringen wollen, sondern es auf sich zu nehmen - nicht, um dafür ("per aspera ad astra") mit einer Auferstehung belohnt zu werden, sondern aus der Einsicht heraus, dass es besser ist, Unrecht zu erleiden als Unrecht zu tun, sich nicht vom Bösen überwinden zu lassen, sondern das Böse mit Gutem zu überwinden.
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