Darf Gott sich in
die Politik einmischen? Der Papst meint: „Ja!“ Die Zeit sagt: „Nein!“ (Nr. 49
vom 29. November 2012) Schon vor zweieinhalbtausend Jahren war diese Frage
umstritten. Damals wie heute ging es nicht nur darum, ob Gott sich einmischen
darf, sondern auch (und vor allem) darum, welche Ansichten er vertreten darf.
Interessanterweise scheint der Konflikt damals nicht einer zwischen „Kirche“
und „Staat“ gewesen zu sein. Vielmehr verliefen die Fronten quer durch „Kirche“
und „Staat“.
4.12.12
30.9.12
Wahre Demut
Und Gott sprach: Es sollen Lichter werden an der Feste des Himmels, Tag und Nacht zu scheiden, und sie sollen als Zeichen dienen und zur Bestimmung von Zeiten, Tagen und Jahren, und sie seien Lichter an der Feste des Himmels, dass sie auf die Erde leuchten! Und es geschah also. Gott machte die zwei groβen Lichter: das gröβere Licht, dass es den Tag beherrsche, und das kleinere Licht, dass es die Nacht beherrsche, dazu auch die Sterne. Und Gott setzte sie an die Feste des Himmels, dass sie auf die Erde leuchten und Tag und Nacht beherrschen und Licht und Finsternis scheiden... (Genesis 1,14-18)
Im Talmud (bChullin 60b) wird (von Rabbi Schim'on ben Pazi) auf den (scheinbaren) Widerspruch hingewiesen, dass es zuerst heiβt: Gott machte die zwei groβen Lichter, und dann: das groβe Licht ... und das kleine Licht. (Im Hebräischen steht dasselbe Wort für groβ und für gröβer (bzw. für klein und für kleiner.) Dieser Widerspruch wird durch die folgende kleine Erzählung erklärt: Der Mond - der, wie hier stillschweigend vorausgesetzt wird, zunächst gleich groβ wie die Sonne geschaffen worden war - sprach vor dem Heiligen, gepriesen sei er: Herr der Welt, ist es denn angängig, dass zwei Könige sich einer Krone bedienen? Der Mond bezweifelt also, dass es möglich ist, dass zwei Gestirne, die Sonne und er selbst, gemeinsam die Herrschaft ausüben. Daraufhin wird er von Gott bestraft, indem er verkleinert und so der Sonne nachgestellt und untergeordnet wird: Er erwiderte ihm: Geh und vermindere dich!
Im Talmud (bChullin 60b) wird (von Rabbi Schim'on ben Pazi) auf den (scheinbaren) Widerspruch hingewiesen, dass es zuerst heiβt: Gott machte die zwei groβen Lichter, und dann: das groβe Licht ... und das kleine Licht. (Im Hebräischen steht dasselbe Wort für groβ und für gröβer (bzw. für klein und für kleiner.) Dieser Widerspruch wird durch die folgende kleine Erzählung erklärt: Der Mond - der, wie hier stillschweigend vorausgesetzt wird, zunächst gleich groβ wie die Sonne geschaffen worden war - sprach vor dem Heiligen, gepriesen sei er: Herr der Welt, ist es denn angängig, dass zwei Könige sich einer Krone bedienen? Der Mond bezweifelt also, dass es möglich ist, dass zwei Gestirne, die Sonne und er selbst, gemeinsam die Herrschaft ausüben. Daraufhin wird er von Gott bestraft, indem er verkleinert und so der Sonne nachgestellt und untergeordnet wird: Er erwiderte ihm: Geh und vermindere dich!
2.9.12
Religiöse Erziehung und Religionsfreiheit
In einem Beitrag zum Feuilleton-Teil der Neuen Züricher
Zeitung vom 30.8.2012 mit dem Titel „Kindeswohl und Elternpflicht“* plädiert Ludger
Lütkehaus „für das Prinzip Aufschub“ in der religiösen Erziehung: „die Ausübung
der elterlichen Erziehungsrechte [darf] der späteren freien Entscheidung in
Fragen der Religionszugehörigkeit nicht irreversibel vorgreifen“. Eltern sind
dazu verpflichtet, „ihre unmündigen Kinder so früh wie möglich zur Mündigkeit
zu befähigen und die mündig gewordenen unverzüglich in ihre Freiheit als
«Weltbürger» zu entlassen“.
Vor diesem Hintergrund polemisiert Lütkehaus gegen die von
Peter Sloterdijk so genannten «Weitergabe-Institutionen», «Taufnationen» und
«Religionsnationen» als «geschlossene Entbindungsanstalten», die „für eine
unnötig vorauseilende Bekenntnisdetermination der unmündigen Kinder [sorgen].
In einer zirkulären konfessionellen Praxis schaffen sie selber jene homogenen
religiösen Milieus, die sie als Rechtfertigungsgrund der von ihnen ausgeübten
Konformierung bemühen.“
Beschneidung und religiöser Dialog
Das Landgericht Köln hat bekanntlich in einem Urteil vom 7. Mai 2012 festgestellt, dass eine Beschneidung von Minderjährigen aus religiösen Motiven eine rechtswidrige Körperverletzung darstellt. Es hat das Grundrecht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit in diesem Fall wegen der Endgültigkeit des Eingriffes höher gewichtet als das Erziehungsrecht der Eltern und deren Religionsfreiheit. Außerdem nimmt die Beschneidung nach Ansicht des Gerichts dem Kind die Freiheit, später selbst über seine Religionszugehörigkeit entscheiden zu können.* Man kann also nicht einfach sagen, das Gericht habe die Religionsfreiheit eingeschränkt. Es hat - unter anderem - die Religionsfreiheit der Eltern zugunsten der Religionsfreiheit ihrer unmündigen Kinder eingeschränkt.
25.8.12
Auferstehungsglaube
Helmut Fischer, Der Auferstehungsglaube: Herkunft, Ausdrucksformen, Lebenswirklichkeit, Zürich: Theologischer Verlag, 2012
19.8.12
Größe und Bescheidenheit Gottes
Rabbi Jochanan sagte: Überall, wo du die Größe des Heiligen, gepriesen sei er, findest, findest Du auch seine Bescheidenheit. Dies ist in der Thora geschrieben, in den Propheten wiederholt und in den Schriften ein drittes Mal bezeugt. Es ist in der Thora geschrieben: Fürwahr, Jahwe, euer Gott, ist der Gott der Götter und der Herr der Herren, der große, starke und furchtbare Gott, der niemanden bevorzugt und sich nicht bestechen lässt. [Deuteronomium 10,17] Danach ist geschrieben: Er verschafft der Waise und der Witwe Recht und er liebt den Fremden, so dass er ihm Nahrung und Kleidung gibt. [Deuteronomium 10,18] Es wird wiederholt in den Propheten, wo geschrieben ist: Fürwahr, so hat gesprochen der Hohe und Erhabene; er thront auf ewig, und sein Name ist heilig: Ich throne hoch und erhaben, und ich bin bei dem, der verzweifelt und zerknirscht ist, um den Geist der Zerknirschten zu beleben und um das Herz der Verzweifelten zu beleben. [Jesaja 57,15] Ein drittes Mal ist es in den Schriften bezeugt, wo geschrieben ist: Singt für Gott, besingt seinen Namen, erhebt ihn, der durch die Wüsten fährt, mit seinem Namen Jah, jubelt vor ihm! [Psalm 68,5] Danach ist geschrieben: Vater der Waisen und Richter der Witwen ist Gott in seiner heiligen Wohnung. [Psalm 68,6] (Babylonischer Talmud, Megilla 31a)
6.8.12
Moral Enhancement
Im Magazin Philosophy Now (July/August 2012) plädieren die Philosophieprofessoren Julian Savulescu (Oxford) und Ingmar Persson (Gothenburg) dafür, die Möglichkeiten einer moralischen Verbesserung der Menschen durch biomedizinische Mittel zu erforschen. (Vgl. ihr Buch Unfit for the Future: The Urgent Need for Moral Enhancement, Oxford University Press, 2012.) Begründung: Die Moralität der meisten Menschen sei den Problemen unserer Zeit - Savulescu und Persson nennen vor allem die durch Menschen bewirkte Klimaveränderung und die drohende Auslöschung allen Lebens auf der Erde durch Massenvernichtungswaffen - nicht gewachsen. Die meisten Menschen fühlen sich nur für ihre räumlich und zeitlich engere Umgebung moralisch verantwortlich. Nur wenige spüren eine persönliche Verantwortung für die globale Lage aller Lebewesen auf der Erde in ferner Zukunft - obwohl ihr Handeln de facto darauf Einfluss hat. Die traditionellen Mittel, diese Situation zu verbessern, moralische Erziehung und soziale Reformen, haben sich nach Meinung der Autoren als nur begrenzt tauglich erwiesen. In Anbetracht der Nähe und der Größe der Gefahr sollte man deshalb von allfälligen Möglichkeiten, die Menschen z.B. durch genetische Eingriffe oder pharmazeutische Behandlung moralisch zu verbessern, Gebrauch machen - mindestens aber über den Einsatz solcher Mittel nachdenken und ihn nicht von vornherein ablehnen.
5.8.12
Unfreiwillige Liebe
Stellen Sie sich vor, Sie hätten sich unsterblich in einen Menschen verliebt, der/die Ihre Liebe nicht erwidert. Nun erfahren Sie, dass es ein neues Medikament gibt, das bewirkt, dass ein Mensch Liebe für einen bestimmten anderen Menschen empfindet. Die Wirkung dieses Medikaments ist unbegrenzt. Es muss nur ein einziges Mal verabreicht werden. Sie erhalten die Möglichkeit, der von Ihnen geliebten Person dieses Medikament zu verabreichen? Werden Sie das tun? Wollen sie das? Dürfen Sie das?
3.8.12
Verstehen und Zustimmen
In der Literatur zur christlich-theologischen Bibelauslegung begegnet man immer wieder der Behauptung, man habe einen biblischen Text erst richtig verstanden, wenn man seine Wahrheit eingesehen habe. Oft wird diese Forderung noch verschärft: Man könne einen biblischen Text überhaupt nur verstehen, wenn man an ihn mit der Überzeugung (bzw. dem Vertrauen) herangehe, dass er die Wahrheit sagt. Sonst werde man dem Wahrheitsanspruch der Bibel nicht gerecht.
29.7.12
psalm 2
warum toben die heiden
und murren die völker so vergeblich
die könige der erde lehnen sich auf
und die herren halten rat miteinander
wider den herrn und seinen gesalbten
lasset uns zerreißen ihre bande
und von uns werfen ihre stricke
aber der im himmel wohnt lachet ihrer
und der herr spottet ihrer
einst wird er mit ihnen reden in seinem zorn
und mit seinem grimm wird er sie erschrecken
ich aber habe meinen könig eingesetzt
auf meinem heiligen berg zion
kundtun will ich den ratschluss des herrn
er hat zu mir gesagt du bist mein sohn
heute habe ich dich gezeugt
bitte mich so will ich dir völker zum erbe geben
und der welt enden zum eigentum
du sollst sie mit einem eisernen zepter zerschlagen
wie töpfe sollst du sie zerschmeißen
so seid nun verständig ihr könige
und lasst euch warnen ihr richter auf erden
dienet dem herrn mit furcht
und küsst seine füße mit zittern
dass er nicht zürne und ihr umkommt auf dem wege
denn sein zorn wird bald entbrennen
wohl allen die auf ihn trauen
und murren die völker so vergeblich
die könige der erde lehnen sich auf
und die herren halten rat miteinander
wider den herrn und seinen gesalbten
lasset uns zerreißen ihre bande
und von uns werfen ihre stricke
aber der im himmel wohnt lachet ihrer
und der herr spottet ihrer
einst wird er mit ihnen reden in seinem zorn
und mit seinem grimm wird er sie erschrecken
ich aber habe meinen könig eingesetzt
auf meinem heiligen berg zion
kundtun will ich den ratschluss des herrn
er hat zu mir gesagt du bist mein sohn
heute habe ich dich gezeugt
bitte mich so will ich dir völker zum erbe geben
und der welt enden zum eigentum
du sollst sie mit einem eisernen zepter zerschlagen
wie töpfe sollst du sie zerschmeißen
so seid nun verständig ihr könige
und lasst euch warnen ihr richter auf erden
dienet dem herrn mit furcht
und küsst seine füße mit zittern
dass er nicht zürne und ihr umkommt auf dem wege
denn sein zorn wird bald entbrennen
wohl allen die auf ihn trauen
psalm 1
wohl dem der nicht wandelt im rat der gottlosen
noch tritt auf den weg der sünder
noch sitzt wo die spötter sitzen
sondern hat lust am gesetz des herrn
und sinnt über seinem gesetz tag und nacht
der ist wie ein baum gepflanzt an den wasserbächen
der seine frucht bringt zu seiner zeit
und seine blätter verwelken nicht
und was er macht das gerät wohl
aber so sind die gottlosen nicht
sondern wie spreu die der wind verstreut
darum bestehen die gottlosen nicht im gericht
noch die sünder in der gemeinde der gerechten
denn der herr kennt den weg der gerechten
aber der gottlosen weg vergeht
16.7.12
Jesus Christus
Jesus Christus wird heute wohl von den meisten Menschen als ein (Doppel-) Name verstanden. Eigentlich ist aber nur Jesus ein Name (hebräisch Jeschua, eine Kurzform von Jehoschua/Josua, Bedeutung: Jahwe ist Rettung), Christus hingegen ein Titel (griechisch christos = der Gesalbte = hebräisch maschiach/Messias). Jesus Christus bedeutete also ursprünglich Jesus, der Messias, oder der Messias Jesus (im Neuen Testament findet sich dementsprechend auch öfters diese Wortstellung: Christus Jesus).
9.7.12
Ergriffen sein von Jesus Christus
Christ sein heißt, von Jesus Christus ergriffen sein.
Wie kann Jesus Christus Menschen ergreifen?
Indem das, was er gelehrt und getan hat, Menschen zu denken gibt, sie zu einem besseren Verständnis ihres Lebens führt, ihnen Mut zum Leben macht, sie dazu inspiriert, neue Wege zu suchen, die Welt gerechter, liebevoller und lebenswerter zu machen ...
Wie kann Jesus Christus Menschen ergreifen?
Indem das, was er gelehrt und getan hat, Menschen zu denken gibt, sie zu einem besseren Verständnis ihres Lebens führt, ihnen Mut zum Leben macht, sie dazu inspiriert, neue Wege zu suchen, die Welt gerechter, liebevoller und lebenswerter zu machen ...
24.6.12
Konzentration auf das Wesentliche
Rabbi Jehuda ben Samuel ha-Chassid (Juda der Fromme, lebte um 1200 in Regensburg) schreibt in seinem „Buch der Frommen“ (Sefer ha-Cassidim):
(Auch) im gelehrten Gespräche der Thoraforschung rede man wenig, aber desto reicher sei der Inhalt der Worte, wie unsere Weisen sagen: „Stets befleissige man sich einer kurzen Lehrweise!“ (Pesachim 3b) Aber viel Worte machen mit wenig Inhalt, das ist Torheit, denn so heisst es: „Die Stimme des Toren macht viele Worte.“ (Kohelet 5,2) „Eine Schutzmauer für die Weisheit ist das Schweigen“ (Pirke Aboth 3,17); darum übereile man sich nicht mit seiner Antwort und spreche nicht zuviel und belehre seine Schüler mit Sanftmut und Ruhe und schreie nicht mit ihnen und langweile sie nicht durch weitschweifige Belehrung, denn „die Worte der Weisen werden gehört, wenn sie in Ruhe gesprochen werden.“ (Kohelet 9,16)
Zitiert nach: A. Sulzbach, Bilder aus der jüdischen Vergangenheit, Frankfurt am Main: Verlag von J. Kauffmann, 1914
(Auch) im gelehrten Gespräche der Thoraforschung rede man wenig, aber desto reicher sei der Inhalt der Worte, wie unsere Weisen sagen: „Stets befleissige man sich einer kurzen Lehrweise!“ (Pesachim 3b) Aber viel Worte machen mit wenig Inhalt, das ist Torheit, denn so heisst es: „Die Stimme des Toren macht viele Worte.“ (Kohelet 5,2) „Eine Schutzmauer für die Weisheit ist das Schweigen“ (Pirke Aboth 3,17); darum übereile man sich nicht mit seiner Antwort und spreche nicht zuviel und belehre seine Schüler mit Sanftmut und Ruhe und schreie nicht mit ihnen und langweile sie nicht durch weitschweifige Belehrung, denn „die Worte der Weisen werden gehört, wenn sie in Ruhe gesprochen werden.“ (Kohelet 9,16)
Zitiert nach: A. Sulzbach, Bilder aus der jüdischen Vergangenheit, Frankfurt am Main: Verlag von J. Kauffmann, 1914
Bescheidenheit
Rabbi Jehuda ben Samuel ha-Chassid (Juda der Fromme, lebte um 1200 in Regensburg) schreibt in seinem „Buch der Frommen“ (Sefer ha-Cassidim):
§15. BESCHEIDENHEIT. Suche Würde und Ehre zu meiden. Wie ist das zu verstehen? Sitzt einer vor seinem Lehrer, und es fällt ihm eine scharfsinnige Frage, die er früher einmal gestellt oder eine treffende Antwort ein, durch die er einmal eine schwierige Frage gelöst hat, so sage er nicht zu seinem Lehrer oder Mithörer: „Ich habe einmal dieses gefragt, ich habe einmal dieses geantwortet,“ sondern er schiebe diese Frage oder Antwort seinem Kollegen oder Lehrer zu, überlasse diesem die Ehre und nehme sie nicht für sich in Anspruch und versage sich den inneren Genuss an einer etwaigen Ehrung oder Belobigung, damit er nicht eitel und eingebildet werde. So finden wir auch, dass Moses zu Josua gesagt hat: „Erwähle uns Männer“, (2. Buch Mose 17,9. Vgl. Midrasch Jalkut z. St.) was auch R. Gamaliel veranlasste, die Festsetzung des Neumonds, die ihm allein zustand, auch als im Namen seiner Kollegen vollzogen zu erklären. So hat auch Gott zu Jesaias (6,8) gesprochen: „Wen soll ich schicken, und wer wird für uns gehen?“
§15. BESCHEIDENHEIT. Suche Würde und Ehre zu meiden. Wie ist das zu verstehen? Sitzt einer vor seinem Lehrer, und es fällt ihm eine scharfsinnige Frage, die er früher einmal gestellt oder eine treffende Antwort ein, durch die er einmal eine schwierige Frage gelöst hat, so sage er nicht zu seinem Lehrer oder Mithörer: „Ich habe einmal dieses gefragt, ich habe einmal dieses geantwortet,“ sondern er schiebe diese Frage oder Antwort seinem Kollegen oder Lehrer zu, überlasse diesem die Ehre und nehme sie nicht für sich in Anspruch und versage sich den inneren Genuss an einer etwaigen Ehrung oder Belobigung, damit er nicht eitel und eingebildet werde. So finden wir auch, dass Moses zu Josua gesagt hat: „Erwähle uns Männer“, (2. Buch Mose 17,9. Vgl. Midrasch Jalkut z. St.) was auch R. Gamaliel veranlasste, die Festsetzung des Neumonds, die ihm allein zustand, auch als im Namen seiner Kollegen vollzogen zu erklären. So hat auch Gott zu Jesaias (6,8) gesprochen: „Wen soll ich schicken, und wer wird für uns gehen?“
5.6.12
Gott als Großer Bruder?
"Big Brother is watching you! Der Große Bruder sieht
dich!" Dieser Satz verkörpert in George Orwells Roman 1984 den Anspruch
eines totalen Überwachungsstaates, der dem einzelnen Menschen keierlei Platz
für Privates oder Intimes lässt. "Gott sieht alles!" Mit diesem Satz
sollten und sollen bisweilen Kinder davon abgehalten werden, heimlich Dinge zu
tun, die sie nach Auffassung ihrer Erzieher nicht tun sollen. Sieht Gott alles?
Und wenn ja: Was bedeutet das für das Leben der Menschen?
29.5.12
"Lobe den Herren, der alles so herrlich regieret!"?
Gott sei uns gnädig und segne uns,
er lasse uns sein Antlitz leuchten,
dass man auf Erden erkenne seinen Weg,
unter allen Heiden sein Heil.
Es danken dir, Gott, die Völker,
es danken dir alle Völker.
Die Völker freuen sich und jauchzen,
dass du die Menschen recht richtest
und regierst die Völker auf Erden.
Es danken dir, Gott, die Völker,
es danken dir alle Völker.
Das Land gibt sein Gewächs;
es segne uns Gott, unser Gott!
Es segne uns Gott,
und alle Welt fürchte ihn.
(Psalm 67 nach der Lutherbibel 1984)
21.5.12
Die Welt als Schöpfung sehen
Die Welt
als Schöpfung zu verstehen, heißt nicht unbedingt, der Ansicht zu sein, dass
alles, was es gibt, so, wie es ist, von Gott bzw. den Göttern gewollt ist und
geschaffen wurde. Es gibt z.B. Schöpfungsvorstellungen, nach denen die Welt aus
Urstoffen geschaffen wurde, die der Gestaltungsfreiheit des Schöpfers gewisse
Grenzen setzten, oder nach denen die Welt durch die Bändigung chaotischer
Urmächte geschaffen wurde, die der Schöpfergott besiegt und unschädlich
gemacht, aber nicht völlig vernichtet hat.
8.5.12
Ein Gott, über dem nichts Größeres gedacht werden kann
Anselm von Canterbury (ca. 1033-1109) hat in seinem lateinisch geschriebenen Werk "Proslogion" (Anrede) einen sogenannten "ontologischen Gottesbeweis" vorgelegt. Anselm meint, dass man gar nicht denken kann, dass es Gott nicht gibt, ohne in einen Selbstwiderspruch zu geraten - zumindest wenn es um den christlichen Gott geht (aber dasselbe würde wohl auch für den jüdischen oder den muslimischen Gott gelten). Christen glauben nämlich - so Anselm - dass Gott etwas ist, über dem nichts Größeres gedacht werden kann ("credimus te esse aliquid quo nihil maius cogitari possit"). Ein Gott, der existiert, ist nun aber nach Anselms Ansicht auf jeden Fall größer als ein Gott, der nicht existiert. Demnach wäre ein nicht-existierender Gott gar nicht wirklich Gott, weil man ja über ihm etwas Größeres denken kann, nämlich einen existierenden Gott. Also kann man, wenn man nicht in einen Selbstwiderspruch geraten will, Gott nur als existierend denken. Also muss Gott existieren.
4.5.12
Gott und die Synapsen
In einem Interview in der "Zeit" vom 3.5.2012 sagt die Physikerin Lisa Randall:
Solange Religion Privatsache ist, etwas Persönliches, kommt sie nicht mit der Wissenschaft in Konflikt. Wenn sie aber behauptet, dass Gott oder eine übernatürliche Kraft in die Welt eingreift, dann fordert sie die Wissenschaft heraus, weil die Wissenschaft sagt, dass alles in der Welt nach dem Prinzip von Ursache und Wirkung geschieht. Wenn jemand behauptet, er habe diese oder jene Entscheidung getroffen, weil Gott ihn geleitet habe - dann riskiert er meinen Widerspruch. Denn ich sage, dass jede Wirkung eine Ursache haben muss und allem eine physikalische Struktur zugrunde liegt. Wenn etwa keine Synapsen in unserem Gehirn feuern würden, dann könnten wir keine moralischen Entscheidungen treffen. Wer wirklich glaubt, dass Gott bei diesen Entscheidungen mitspielt, muss erklären, wie Gott das Feuern der Synapsen beeinflusst.
Darauf entgegnen die Interviewer (Tobias Hürter und Max Rauner):
Die Vorstellung, dass Gott aktiv in den Weltenlauf eingreift, haben die Europäer doch schon im 18. Jahrhundert aufgegeben. Seither gilt eine Arbeitsteilung: Die Religion sagt, was gut und böse ist. Die Wissenschaft untersucht, wie die Welt funktioniert.
Solange Religion Privatsache ist, etwas Persönliches, kommt sie nicht mit der Wissenschaft in Konflikt. Wenn sie aber behauptet, dass Gott oder eine übernatürliche Kraft in die Welt eingreift, dann fordert sie die Wissenschaft heraus, weil die Wissenschaft sagt, dass alles in der Welt nach dem Prinzip von Ursache und Wirkung geschieht. Wenn jemand behauptet, er habe diese oder jene Entscheidung getroffen, weil Gott ihn geleitet habe - dann riskiert er meinen Widerspruch. Denn ich sage, dass jede Wirkung eine Ursache haben muss und allem eine physikalische Struktur zugrunde liegt. Wenn etwa keine Synapsen in unserem Gehirn feuern würden, dann könnten wir keine moralischen Entscheidungen treffen. Wer wirklich glaubt, dass Gott bei diesen Entscheidungen mitspielt, muss erklären, wie Gott das Feuern der Synapsen beeinflusst.
Darauf entgegnen die Interviewer (Tobias Hürter und Max Rauner):
Die Vorstellung, dass Gott aktiv in den Weltenlauf eingreift, haben die Europäer doch schon im 18. Jahrhundert aufgegeben. Seither gilt eine Arbeitsteilung: Die Religion sagt, was gut und böse ist. Die Wissenschaft untersucht, wie die Welt funktioniert.
30.4.12
Offenbarung, Gerechtigkeit und Weisheit ...
Mose schreibt die Gebote Gottes auf
(Kees de Kort)
Im Buch
Deuteronomium sagt Mose zu den Israeliten:
Seht, ich habe euch
Satzungen und Rechte gelehrt, wie es mir der HERR, mein Gott, geboten hat,
damit ihr danach handelt in dem Land, in das ihr zieht, um es in Besitz zu
nehmen.
So haltet sie und
handelt danach!
Denn darin zeigt sich
den Völkern eure Weisheit und eure Einsicht. Wenn sie all diese Satzungen
hören, werden sie sagen: Was für ein weises und einsichtiges Volk ist diese große
Nation!
Denn welche große
Nation hätte Götter, die ihr so nahe sind wie uns der HERR, unser Gott, so oft
wir zu ihm rufen?
Und welche große
Nation hätte Satzungen und Rechte, so gerecht wie diese ganze Weisung, die ich
euch heute gebe?
(Deuteronomium 4,5-8)
20.4.12
Der HERR hat gegeben, der HERR hat genommen ...
Der kranke Hiob wird von seiner Frau gepflegt (Albrecht Dürer)
5.4.12
Das Böse durch das Gute besiegen
"Lass dich vom Bösen nicht besiegen, sondern besiege das Böse durch das Gute", schreibt Paulus (Römerbrief, Kap. 12). Was er damit meint, erläutert er folgendermaßen: "Vergeltet niemandem Böses mit Bösem, seid allen Menschen gegenüber auf Gutes bedacht! Wenn möglich, soweit es in eurer Macht steht: Haltet Frieden mit allen Menschen! Übt nicht selber Rache, meine Geliebten, sondern gebt dem Zorn Gottes Raum! Denn es steht geschrieben: Mein ist die Rache, ich werde Vergeltung üben, spricht der Herr. (Vgl. Deuteronomium 32,35.) Vielmehr: Wenn dein Feind Hunger hat, gib ihm zu essen; wenn er Durst hat, gib ihm zu trinken. Denn wenn du dies tust, wirst du feurige Kohlen auf seinen Kopf sammeln. (Vgl. Sprüche Salomos 25,21f.)"
1.4.12
Die Leidensgeschichte Jesu - fromme Aneignung und historische Kritik
Hans Hirtz - Die Gefangennahme Christi (um 1450)
31.3.12
Glaubensüberzeugungen - zwischen Starrsinn und Opportunismus
Nach den Evangelien hat Jesus sein Wirken begonnen mit dem Aufruf an die Menschen, ihr Leben zu ändern, umzudenken, sich neu zu orientieren: "Kehrt um und glaube an das Evangelium" (die gute Nachricht, dass das Reich Gottes nahe gekommen ist)! (Markus 1,15) Kehrt um, μετανοεῖτε, ändert euren Sinn, euer Denken, die Ausrichtung eures Lebens!
Zwei Generationen später fordert der zweite Timotheusbrief (3,14) seinen Empfänger Timotheus und indirekt alle seine Leserinnen und Leser dazu auf, sich nicht von seinem Glauben abbringen zu lassen: μένε ἐν οἷς ἔμαθες καὶ ἐπιστώθης, "bleibe bei dem, was du gelernt und voller Vertrauen angenommen hast" (Zürcher Bibel) - man könnte das zweite Verb auch übersetzen: "und wovon du dich hast überzeugen lassen" oder "was dich überzeugt hat". Es geht nicht um den blinden Glauben an eine überlieferte Lehre, sondern um die Treue zu Überzeugungen, die man in einem Lern- und Erfahrungsprozess gewonnen hat.
Zwei Generationen später fordert der zweite Timotheusbrief (3,14) seinen Empfänger Timotheus und indirekt alle seine Leserinnen und Leser dazu auf, sich nicht von seinem Glauben abbringen zu lassen: μένε ἐν οἷς ἔμαθες καὶ ἐπιστώθης, "bleibe bei dem, was du gelernt und voller Vertrauen angenommen hast" (Zürcher Bibel) - man könnte das zweite Verb auch übersetzen: "und wovon du dich hast überzeugen lassen" oder "was dich überzeugt hat". Es geht nicht um den blinden Glauben an eine überlieferte Lehre, sondern um die Treue zu Überzeugungen, die man in einem Lern- und Erfahrungsprozess gewonnen hat.
30.3.12
Ist da jemand?
Der Zürcher Theologieprofessor Pierre Bühler erzählt einen Witz, der gut zu der von Buddha überlieferten Geschichte passt (22.3.12):
Ein Mensch klettert an einer Felswand hinauf, verliert das Gleichgewicht und fällt hinunter. Mit letzter Kraft klammert er sich an einen kleinen Felsvorsprung und baumelt da so über dem Abgrund. In seiner Verzweiflung schreit er: «Ist da jemand?» Keine Antwort. Er schreit noch einmal: «Ist da jemand?» Nach einer Weile antwortet ihm eine dunkle, ruhige Stimme: «Hab keine Angst, ich bin da. Lass dich fallen, und ich fange dich mit meinen Händen auf.» Eine Zeit lang ist es still, dann ruft der Mensch zaghaft: «Ist da vielleicht noch jemand anderer?»
http://www.reformiert.info/artikel_11082.html
Ein Mensch klettert an einer Felswand hinauf, verliert das Gleichgewicht und fällt hinunter. Mit letzter Kraft klammert er sich an einen kleinen Felsvorsprung und baumelt da so über dem Abgrund. In seiner Verzweiflung schreit er: «Ist da jemand?» Keine Antwort. Er schreit noch einmal: «Ist da jemand?» Nach einer Weile antwortet ihm eine dunkle, ruhige Stimme: «Hab keine Angst, ich bin da. Lass dich fallen, und ich fange dich mit meinen Händen auf.» Eine Zeit lang ist es still, dann ruft der Mensch zaghaft: «Ist da vielleicht noch jemand anderer?»
http://www.reformiert.info/artikel_11082.html
22.3.12
Lebe hier und jetzt!
Von Buddha wird die folgende Geschichte überliefert:
Ein Mann, der über eine Ebene reiste, stieß auf einen Tiger. Er floh, den Tiger hinter sich. Als er an einen Abgrund kam, suchte er Halt an der Wurzel eines wilden Weinstocks und schwang sich über die Kante. Der Tiger beschnupperte ihn von oben. Zitternd schaute der Mann hinab, wo weit unten ein anderer Tiger darauf wartete, ihn zu fressen. Nur der Wein hielt ihn.
Zwei Mäuse, eine weiße und eine schwarze, machten sich daran, nach und nach die Weinwurzel durchzubeißen. Der Mann sah eine saftige Erdbeere neben sich. Während er sich mit der einen Hand am Wein festhielt, pflückte er mit der anderen die Erdbeere. Wie süß sie schmeckte!
(Quelle: Paul Reps, Ohne Worte - ohne Schweigen: 101 Zen-Texte, Bern, München, Wien: O. W. Barth, 6. Auflage, 1987, S.40)
Ein Mann, der über eine Ebene reiste, stieß auf einen Tiger. Er floh, den Tiger hinter sich. Als er an einen Abgrund kam, suchte er Halt an der Wurzel eines wilden Weinstocks und schwang sich über die Kante. Der Tiger beschnupperte ihn von oben. Zitternd schaute der Mann hinab, wo weit unten ein anderer Tiger darauf wartete, ihn zu fressen. Nur der Wein hielt ihn.
Zwei Mäuse, eine weiße und eine schwarze, machten sich daran, nach und nach die Weinwurzel durchzubeißen. Der Mann sah eine saftige Erdbeere neben sich. Während er sich mit der einen Hand am Wein festhielt, pflückte er mit der anderen die Erdbeere. Wie süß sie schmeckte!
(Quelle: Paul Reps, Ohne Worte - ohne Schweigen: 101 Zen-Texte, Bern, München, Wien: O. W. Barth, 6. Auflage, 1987, S.40)
19.3.12
Ist der Glaube an die Auferstehung wesentlich für das Christentum?
Paulus war dieser Ansicht. Im 1. Korintherbrief, Kapitel 15, wendet er sich gegen Christen in Korinth, die sagen, dass es keine Auferstehung der Toten gebe. Ihnen hält er entgegen (ich zitiere nach der Elberfelder Uebersetzung):
Wenn es keine Auferstehung der Toten gibt, so ist auch Christus nicht auferweckt. Wenn aber Christus nicht auferweckt ist, so ist auch unsere Predigt inhaltslos, inhaltslos aber auch euer Glaube ... Wenn Christus nicht auferweckt ist, so ist euer Glaube nichtig, so seid ihr noch in euren Sünden. Also sind auch die, welche in Christus entschlafen sind, verloren gegangen. Wenn wir allein in diesem Leben auf Christus gehofft haben, so sind wir die elendesten unter allen Menschen ... Wenn Tote nicht auferweckt werden, so lasst uns essen und trinken, denn morgen sterben wir.
Wenn es keine Auferstehung der Toten gibt, so ist auch Christus nicht auferweckt. Wenn aber Christus nicht auferweckt ist, so ist auch unsere Predigt inhaltslos, inhaltslos aber auch euer Glaube ... Wenn Christus nicht auferweckt ist, so ist euer Glaube nichtig, so seid ihr noch in euren Sünden. Also sind auch die, welche in Christus entschlafen sind, verloren gegangen. Wenn wir allein in diesem Leben auf Christus gehofft haben, so sind wir die elendesten unter allen Menschen ... Wenn Tote nicht auferweckt werden, so lasst uns essen und trinken, denn morgen sterben wir.
10.3.12
Kann ein biblischer Text "zu Gottes Wort werden"?
Die wissenschaftliche Erforschung der Bibel hat gezeigt, dass die biblischen Schriften von Menschen verfasst worden sind, die Kinder ihrer Zeit waren. Ihre Sprache, ihre Denkweisen und die Erfahrungen, auf die sie Bezug nehmen, sind geprägt von den Zeitumständen, in denen sie lebten. Und wie alle Menschen waren sie vor Irrtümern und Fehlern nicht gefeit. Was in der Bibel steht, ist deshalb weder alles (und in jeder Hinsicht) wahr, noch ist es zeitlos gültig. Diese Einsicht wird in der wissenschaftlichen Theologie heute nirgends ernsthaft bestritten.
27.2.12
Wenn ich schwach bin, bin ich stark
In 2.Korinther 12 berichtet Paulus, dass er einmal in den dritten Himmel und einmal sogar ins Paradies entrückt worden sei. Er wolle sich aber damit nicht rühmen. Denn niemand soll höher von mir denken, als was er an mir sieht oder was er von mir hört. Die Leute sollen sich ihre Meinung über Paulus aus ihren Erfahrungen mit ihm bilden, nicht daraus, was er ihnen über seine spirituellen Erfahrungen berichtet und was sie nicht überprüfen können. Außerdem, schreibt Paulus, wurde mir ein Dorn für das Fleisch gegeben, ein Engel Satans, dass er mich mit Fäusten schlage, damit ich mich nicht überhebe. Um dessentwillen habe ich dreimal den Herrn angerufen, dass er von mir ablassen möge. Und er hat zu mir gesagt: Meine Gnade genügt dir, denn die Kraft kommt in Schwachheit zur Vollendung. Sehr gerne will ich mich nun vielmehr meiner Schwachheiten rühmen, damit die Kraft Christi bei mir wohne. Deshalb habe ich Wohlgefallen an Schwachheiten, an Mißhandlungen, an Nöten, an Verfolgungen, an Ängsten um Christi willen; denn wenn ich schwach bin, dann bin ich stark (2.Korinther 12,7-10 in Anlehnung an die Übersetzung der Elberfelder Bibel).
20.2.12
Hilf dir selbst, weil Gott dir hilft!
Schaffet, dass ihr selig werdet,
mit Furcht und Zittern!
mit Furcht und Zittern!
Denn Gott ist's, der in euch wirkt beides,
das Wollen und das Vollbringen,
nach seinem Wohlgefallen.
So hat Paulus an die christliche Gemeinde in Philippi geschrieben
(Philipper 2,12f. in der Übersetzung der Lutherbibel von 1984). Die Sätze
erscheinen paradox, denn sie fordern die Philipper dazu auf, etwas zu tun, von
dem sie zugleich feststellen, dass Gott es bewirkt.
16.2.12
Wer sich verliert, findet sich
So ungefähr soll nach dem Neuen Testament Jesus gelehrt
haben – wobei man das griechische tēn psychēn
autou statt mit sich auch mit sein Leben oder seine Seele übersetzen kann, und statt verlieren und gewinnen
teilweise andere, ähnliche Wörter gebraucht werden:
Markus 8,35: Wer sein
Leben retten will, wird es verlieren,
wer aber sein Leben verliert um meinetwillen und um des Evangeliums willen, wird es retten.
wer aber sein Leben verliert um meinetwillen und um des Evangeliums willen, wird es retten.
10.2.12
Einen Gott, den es gibt, gibt es nicht
Dieser Satz von Dietrich Bonhoeffer
wird häufig zitiert. Was bedeutet er? Und stimmt er überhaupt?
Wenn es keinen Gott gibt, den es gibt,
scheint das nichts anderes zu besagen, als dass es keinen Gott gibt.
Denn einen Gott, den es gibt, gibt es nicht, und einen Gott, den es
nicht gibt, gibt es ja wohl auch nicht. Sagt Dietrich Bonhoeffer also – ein
wenig verklausuliert – nichts anderes als: Es gibt keinen Gott?
Oder will Dietrich Bonhoeffer gerade diese
paradoxe Überlegung bei seinen Lesern (und Leserinnen) wachrufen:
Einen Gott, den es gibt, gibt es nicht. Aber einen Gott, den es nicht
gibt, gibt es vielleicht doch – ja, wenn es überhaupt einen Gott
gibt, dann müsste das vielleicht genau so ein Gott sein, den es
nicht gibt. Also nicht: Es gibt keinen Gott, sondern: Gott gibt es
nicht. – Aber ist diese Überlegung nicht einfach nur sinnlos?
Läuft sie nicht letztlich ebenfalls darauf hinaus, dass es keinen
Gott gibt?
7.2.12
Gott besteht auf Wahrheit
In seinem „großen Buch der rabbinischen Weisheit“ (Freiburg
im Breisgau 2008, S. 52) präsentiert Jakob J. Petuchowski unter der Überschrift „Gott
besteht auf Wahrheit“ die folgende Passage aus dem Babylonischen Talmud (nach b. Joma 69b):
«Moses war gekommen und hatte gesagt: „Der große Gott,
mächtig und furchterregend“ (Deuteronomium 10,17).
Da kam Jeremia und sprach: „Fremde zerstören Seinen
Tempel. Und wo sind Seine furchterregenden Taten?“ Darum ließ er (in Jeremia
32,17f.) das Attribut „furchterregend“ aus.
Daniel kam und sprach: „Fremde versklaven Seine Söhne.
Und wo sind Seine mächtigen Taten?“ Darum ließ er (in Daniel 9,4ff.) das
Attribut „mächtig“ aus.
Aber wie konnten Jeremia und Daniel etwas von Moses
Vorgeschriebenes auslassen? Rabbi Eleasar sagte: „Weil sie wussten, dass der
Heilige, gelobt sei Er, auf Wahrheit besteht, konnten sie keine Unwahrheiten
über Ihn aussprechen.“»
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